Höfe – Residenzen – Itinerare
témata:
historie – středověk, historie – pomocné vědy historické
brožovaná, 306 str., 1. vydání
vydáno: červen 2011
ISBN: 978-80-246-1942-2
doporučená cena: 345 Kč
Anotace
Kniha zpřístupňuje u příležitosti životního jubilea část obtížně dostupných zahraničních vědeckých studií profesora Ivana Hlaváčka. Sleduje tři volně spolu související tematické oblasti. Čtenář zde nalezne statě věnované panovnickým dvorům jako výkonným orgánům státní správy a vlády, královským rezidencím jako hlavním sídlům vladaře a konečně cestám zeměpána jako příležitostem ke konkrétnímu výkonu vlády. Všechny tři uvedené okruhy navíc spojují osobnosti českých panovníků z lucemburského rodu, především pak postava Václava IV. Připojena je kompletní autorova bibliografie k dané tematice, nechybí zevrubný rejstřík a česká shrnutí jednotlivých statí.
Recenze
Der Band vereint 18 Beiträge in deutscher sowie einen in englischer Sprache, die in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten verstreut schon einmal veröffentlicht wurden, und zwar in internationalen, vornehmlich deutschsprachigen Periodika, Sammelbänden oder Festschriften, die gemeinhin schwer zugänglich sind. Berührt werden inhaltlich fast alle klassischen Disziplinen der Historischen Hilfswissenschaften sowie der Verwaltungs- und Kulturgeschichte (mit Ausnahme der Kodikologie), zeitlich von den ersten Schriftzeugnissen des böhmischen Staatswesens bis hin zum Beginn der Frühen Neuzeit. Drei lockere Themenkreise treten dabei in den Mittelpunkt: Herrscherhöfe als exekutive Verwaltungs- und Regierungsorgane, Residenzen der böhmischen Herrscher als administrativer Hauptsitz sowie Itineráře als konkrete Gelegenheit zur praktischen Herrschaftsausübung. Sozusagen das verbindende zeitliche Element sind hierbei die Regierungszeit der Luxemburger im Königreich Böhmen (1310–1437), wobei sich als Schwerpunkt die Regierung Wenzels IV. als römischdeutscher (1378–1400) und böhmischer König (1378–1419) herauskristallisiert. Bereits 1970 hat Hlaváček über den ältesten Sohn Karls IV aus dessen dritter Ehe mit Anna von Schweidnitz eine unter verwaltungsgeschichtlicher Perspektive wegweisende und noch immer grundlegende Arbeit vorgelegt, die durch zahlreiche Studien in Einzelfragen eine Konkretisierung erfahren hat.
Die auf den Seiten 13–23 wiedergegebene Bibliografie des Autors zur im Band behandelten Problematik umfasst 158 Aufsätze, darin eingeordnet sind die hier ausgewählten Studien, unter denen wiederum sieben Beiträge die Itinerarforschung als Hilfsdisziplin der politischen und Verwaltungsgeschichte sowie als Teildisziplin der Diplomatik fokussieren, zumal sich bei deren Auswertung mit Blick auf die Erfassung und Erforschung des Raumes in Böhmen im 14./15. Jahrhundert der Verfasser bleibende Verdienste erworben hat. Dies gilt insbesondere für die Regierung Karls IV – bei dem sich die geopolitische Achse Prag-Nürnberg-Maingebiet als feste Konstante seiner Herrschaft erwies – und seines Nachfolgers Wenzel IV, der 1400 der römisch-deutschen Königswürde verlustig ging. Dessen vier Jahrzehnte währende Herrschaft hat Hlaváček insbesondere unter dem Aspekt seines Hofes unter verschiedenen Fragestellungen hinterfragt, zumal sich Königs- und Fürstenhöfe als „komplexes Herrschafts- und Sozialgebilde [erweisen], in dem kulturelle, soziale und politische Strukturelemente eng miteinander verbunden waren“. Hof und Hofführung, innere Struktur desselben sowie die „curia“ Wenzels IV als führendes Kulturzentrum bilden dabei Themen, mit denen Hlaváček sich in den zurückliegenden Jahrzehnten intensiv auseinandergesetzt hat, wobei Aspekte wie der quantitative Umfang des Hofes (mit 200–300 Personen, die wiederum in Untergruppen unterteilt werden können), der Quellen, die hierüber Auskunft geben (u. a. Werke der höfischen Geschichtsschreibung, Rechnungen sowie narratives Material), Fragen der Mobilität sowie der Spezifika bei Wenzel IV (etwa der trilinguale Charakter der Quellen, zumal sich Tschechisch seit der Mitte der 1390er-Jahre als Geschäftssprache zu etablieren begann), Hofämter, die Hofkanzlei als integrierendes Institut, aber auch Aspekte der literarischen Tätigkeit und des Mäzenatentums am Hof, Schreib- und Alltagskultur sowie Kunstpflege – immer vor dem Hintergrund der politisehen und wirtschaftlichen Lage im Reich und in Böhmen – beleuchtet werden.
Weitere Studien im vorliegenden Band widmen sich einigen die beiden Themenblöcke (zunächst scheinbar) sprengenden Fragen, so u. a. der zentralörtlichen Funktion Prags, der Rolle der böhmischen Landesmetropole als Aufenthaltsort westmitteleuropäischer geistlicher Fürsten unter Karl IV., dem Kapellanat am luxemburgischen Hof oder der Nürnberger Alltagskommunikation in der Regierungszeit Wenzels IV., wobei alle Beiträge dennoch zu den im Band behandelten Problemkreisen in Verbindung stehen und somit den Betrachtungshorizont erweitern, wird doch – etwa bei Analyse der Rechnungen der bedeutendsten königsnahen Reichsstadt (Nürnberg) unter dem Aspekt der finanziellen Lasten, die die Aufenthalte Wenzels IV. und seiner Höflinge mit sich brachten – das Regieren des Königs konkret fassbar, der 1361 in Nürnberg das Licht der Welt erblickte und bis zum Ende der Reichsregierung insgesamt 21-mal in der Stadt Halt machte.
Insgesamt bietet der Band, den ein hilfreiches Orts- und Personenregister beschließt, einen grundlegenden Einblick in die Forschurigsaktivitäten des noch immer unermüdlich agierenden Seniors der Historischen Hilfswissenschaften in der Tschechischen Republik, die auch für die deutsche Mediävistik von grundlegender Bedeutung sind.
Thomas Krzenck (ZfG, 59. Jahrgang, Nr. 11/2011, str. 975–976)
Der Prager Mediävist Ivan Hlaváček kann ohne Zweifel als einer der am einschlägigsten ausgewiesenen Kenner für die Herrschaft der Luxemburger im Reich und insbesondere in Böhmen gelten. Der vorliegende Band faßt nun 19 zum Teil entlegener erschienene Beiträge zu dieser Thematik aus den Jahren 1971 bis 2003 zusammen. Sie alle liegen – mit einer Ausnahme („The Itineraries of the Bohemian Luxemburgs“, S. 117–124) – in deutscher Sprache vor. Dem Band geht eine thematische Bibliographie als Auszug aus Hlaváčeks Oeuvre mit über 150 Titeln (!) in tschechischer, deutscher und englischer Sprache voran, die eindrücklich zeigt, wie aktiv der durch diese Aufsatzsammlung Geehrte auf diesem Gebiet gewesen und noch immer ist; beschlossen wird er nicht nur von tschechischen Abstracts sämtlicher versammelter Beiträge, sondern auch von einem Personen- und Ortsregistern. Die drei Themenbereiche, um die sich der hier präsentierte Ausschnitt aus dem beeindruckenden Schaffen des Jubilars gruppieren, deutet bereits der Buchtitel an: Es geht um Höfe und Residenzen als Zentren von Herrschaft, Verwaltung, aber auch Kultur (vor allem im Sinne von Kunst und Literatur) sowie um Itinerere als die Erforschung der mobilen Nutzung dieser und anderer Orte der Herrschaft, zugleich also auch der Herrschaftsausübung vor Ort. Dabei steht deutlich die Zeit der Luxemburger als böhmische und römisch-deutsche Könige im Mittelpunkt und zugleich als bindende Klammer über den Beiträgen. Insbesondere dem sonst so leicht übergangenen Wenzel IV. hat Hlaváček schon seit mehreren Jahren immer wieder Beachtung geschenkt und maßgeblich zu dem beigetragen, was wir über diesen unglücklichen König heute wissen. Es ist sehr zu begrüßen, diesen wichtigen und – im Gegensatz zu vielen Aufsatzsammlungen, die alljährlich erscheinen – in diesem Falle tatsächlich zu einem nennenswerten Teil nicht sehr gut greifbare Studien bündelnden Band nun vorliegen zu haben. Noch mehr Freude hätte es manch westeuropäischem Mediävisten sicher bereitet, einige der einschlägigen Arbeiten Hlaváčeks, die in tschechischer Sprache erschienen sind, einmal in Übersetzung in Händen zu halten. Aber dafür bietet sich ja vielleicht zukünftig noch Gelegenheit.
Hiram Kümper